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Slowenien hat starke Konkurrenz bei der Anwerbung deutscher Investitionen in der Region

23.06.2022

Jährliche Pressekonferenz der Deutsch-Slowenischen Industrie- und Handelskammer

Am Montag, dem 20. Juni 2022, fand im Hotel Antique Palace die jährliche Pressekonferenz der Deutsch-Slowenischen Industrie- und Handelskammer (AHK Slowenien) statt, auf der die Ergebnisse der 19. Konjunkturumfrage zu der wirtschaftlichen Lage und dem Investitionsklima in Slowenien präsentiert und aufgewiesen wurden. Befragt wurden deutsche und ausländische Unternehmen mit Sitz in Slowenien. Die Erhebung wird seit 2006 gleichzeitig in 15 weiteren mittel- und osteuropäischen Ländern durchgeführt.

Das Hauptziel des Berichts ist es, die Standortfaktoren zu identifizieren, die Slowenien für deutsche Investoren attraktiv machen und gleichzeitig mögliche Schwachstellen zu ermitteln, deren Beseitigung das Investitionsinteresse weiter steigern könnte.

Laut Dagmar von Bohnstein, geschäftsführende Vorsitzende des Vorstands der AHK Slowenien, ist Slowenien generell ein sehr attraktiver Wirtschaftsstandort. „Die Zufriedenheit mit einzelnen Standortfaktoren war auch in diesem Jahr erfreulich hoch, bei anderen besteht Verbesserungsbedarf. 

Die grundsätzlich positive Einschätzung des Standorts Slowenien rührt vor allem von seiner EU-Mitgliedschaft her. 89 % der Befragten sehen darin einen eindeutigen Standortvorteil. Auch die Qualität der lokalen Zulieferer wird sehr geschätzt. Über zwei Drittel der Befragten sind mit den lokalen Zulieferern zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Schließlich schätzen 63 % der befragten deutschen Unternehmen das Know-how der lokalen Mitarbeiter, 52 % ihr Engagement und ihren Leistungswillen.“

Andererseits weist von Bohnstein auf Verbesserungsmöglichkeiten hin: So sind gerade einmal 29 % der Befragten zufrieden mit der öffentlichen Verwaltung. 82 % sehen bei der Bekämpfung von Korruption Nachholbedarf. 44 % der Unternehmen geben der Wirtschaftspolitik eine nur durchschnittliche Bewertung“. Laut den Aussagen der geschäftsführenden Vorsitzenden des Vorstands ist auch der slowenische Arbeitsmarkt eine der Schwachstellen des Staates, da mehr als die Hälfte der Befragten (55 %) mit dem Arbeitsrecht unzufrieden sind. 67 % beklagen den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und 56 % leiden unter den hohen Arbeitskosten. Hinzu kommt die hohe Steuerbelastung, von der 63 % der Unternehmen betroffen sind.

Katja Stadler, die Geschäftsführerin von Deslo – AHK, poslovne storitve d.o.o., betont, dass die Besteuerung von Gehältern in Slowenien immer noch sehr hoch ist: „Wir haben Berechnungen von Besteuerung der Gehälter in Slowenien im Vergleich zu Deutschland und Österreich durchgeführt – für ein Bruttogehalt von 2.300 und 3.700 Euro müssen wir in Slowenien 300 bis 400 Euro mehr an Steuern zahlen. Katja Stadler deutet darauf hin, dass deutsche Investoren, die sich an die Handelskammer wenden, ihre Mitarbeiter gut bezahlen wollen und deshalb nicht nach der Höhe des Mindestlohns fragen, sondern nach den Sonderabgaben und auch Belohnungen der Angestellten. „Deswegen müssen wir über die Besteuerung der Löhne in allen Klassen nachdenken, denn das ist einer der wichtigsten Faktoren, der die Entscheidungen der deutschen Unternehmen beeinflusst, um in Slowenien zu investieren“.

Medeja Lončar, Mitglied des Kontrollausschusses der AHK Slowenien und Geschäftsführerin

bei Siemens in Slowenien, Kroatien und Serbien, sagte, dass der sog. Nearshoring-Trend, wo deutsche Unternehmen ihre Produktion zurück nach Osteuropa verlagern, in Deutschland sehr stark sei, wobei da Slowenien in der Region große Konkurrenz hat: „Serbien hat in letzter Zeit, wegen ihrer professionellen, technologisch-orientierten und produktiven Arbeitskräfte, viele deutsche Unternehmen gegründet. Darüber hinaus ist Serbien auch bei der Anwerbung deutscher Investitionen erfolgreich, da die Regierung und die zuständigen Institutionen in diesem Bereich gut zusammenarbeiten und auch immer mehr Hightech-Investitionen anziehen“. Medeja Lončar rief zum Nachdenken auf: „Slowenien sollte auch über ihre Position auf diesem Gebieten nachdenken. Eine der Möglichkeiten ist sicherlich die Cybersicherheit, aber auch im Bereich der nachhaltigen Entwicklung, wo Slowenien einen Vorteil gegenüber vielen Ländern hat, einschließlich Serbien, das in diesem Bereich niedrigere Standards hat“.

Andrej Šafarič, Mitglied des Vorstandes AHK Slowenien und Prokurist und reg. Leiter der Rechtsabteilung

Bayer d.o.o., hat als Sloweniens Vorteil das stabile Geschäftsumfeld hervorgehoben. Šafarič nach ist das der Grund dafür, dass deutsche Unternehmen in Slowenien bleiben. „Die geografischen Routen, die sich in Slowenien kreuzen, sind nach wie vor einer der Schlüsselfaktoren“. Wie Šafarič erläuterte, hat Slowenien immer versucht, dem deutschen Vorbild zu folgen, während Kroatien und Serbien stets Slowenien folgten: „Ich fürchte jedoch, dass wir als Land an vielen Stellen eingeschlafen sind, auch was die Anziehung neuer Impulse betrifft“. „Größere Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und bei der Besteuerung sind der Schlüssel zum Erfolg“, sagte Šafarič.

Die Ergebnisse im Überblick

Die wichtigsten Schlussfolgerungen 2022: 

  • Die Umfrageergebnisse weisen darauf hin, dass die wirtschaftliche Aktivität in Slowenien im Vergleich zur Eurozone auch 2022 weiterhin stark bleiben dürfte.
  • Slowenien gewinnt als Standort an Attraktivität aufgrund seiner geografischen Lage und starker Standortfaktoren wie z. B. Qualität und Verfügbarkeit lokaler Lieferanten, hohe Qualifikation und Zuverlässigkeit der Mitarbeiter.
  1. Wirtschaftliche Lage bleibt weiterhin positiv.
  2. Bekenntnis zum Standort Slowenien hoch.
  3. Investitionen in Forschung und Entwicklung gleichbleibend hoch.
  4. Slowenien bleibt im regionalen Vergleich konstant; verbessert sich bei manchen Faktoren leicht.
  5. Herausforderungen betreffen Steuerlast, das rigide Arbeitsrecht und vor allem den Fachkräftemangel.

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