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Slowenien: Wirtschaftsstandort mit Licht und Schatten

09.06.2023

Jährliche Pressekonferenz der Deutsch-Slowenischen Handelskammer

Am Dienstag, den 6. Juni 2023, fand im Hotel Antiq Palace die jährliche Pressekonferenz der Deutsch-Slowenischen Industrie- und Handelskammer statt, auf der wir gemeinsam mit Wirtschaftsvertretern die Ergebnisse der 20. jährlichen Umfrage zur wirtschaftlichen Lage und zum Investitionsklima in Slowenien vorgestellt und kommentiert haben. Demnach gaben nur 75 % der deutschen Unternehmen in Slowenien an, dass sie wieder in der Region investieren würden. Ein Jahr zuvor lag der Wert noch bei 85%.

Deutschland und Slowenien sind wichtige Handelspartner. Die Handelsbeziehungen haben um fast 12 % zugenommen und werden im Jahr 2022 ein Volumen von fast 15 Mrd. EUR erreichen. Slowenien hat einen Handelsüberschuss von rund 0,6 Mrd. EUR und 14,4 % aller slowenischen Exporte gehen nach Deutschland. Fast 400 Unternehmen mit deutscher Beteiligung sind in Slowenien tätig. Umso überraschender sind die Ergebnisse der jährlichen Umfrage zur wirtschaftlichen Lage in Mittel- und Osteuropa. Nur 75 % der deutschen Unternehmen in Slowenien gaben an, dass sie wieder in der Region investieren würden. Ein Jahr zuvor waren es noch 85%.

Der Standort schneidet in Bezug auf die Infrastruktur, d. h. Verkehr, Kommunikation und Energie, weiterhin positiv ab. Die Bedingungen für Forschung und Entwicklung werden als zufriedenstellend oder gut bewertet. Auch die hohe Zahlungsdisziplin sowie die Qualität und Verfügbarkeit lokaler Zulieferer werden als klare Stärken des Standorts genannt. Die Produktivität und Arbeitsbereitschaft der Mitarbeiter wird ebenfalls geschätzt.

Die Bewertung der öffentlichen Verwaltung hat sich in der Umfrage deutlich verschlechtert: 83 % der Befragten sind mit der Höhe der Steuern, dem Steuersystem und der Steuerverwaltung unzufrieden oder sehr unzufrieden. Die Vorhersehbarkeit der Wirtschaftspolitik rangiert im Vergleich zu den MOE-Ländern an letzter Stelle. Die Arbeitskosten und die Flexibilität des slowenischen Arbeitsrechts werden von 73 % bzw. 65 % der Befragten als deutlicher Standortnachteil bewertet.

Dagmar von Bohnstein, Präsidentin der Deutsch-Slowenischen Industrie- und Handelskammer: "Die Herausforderungen für die Wirtschaft sind derzeit enorm: Dekarbonisierung, De-Risking und teilweise auch De-Coupling. "Diese enormen Aufgaben können nur durch die Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik bewältigt werden - in Europa, in Deutschland und auch in Slowenien. Dafür stehen wir als Deutsch-Slowenische Handelskammer und dafür bieten wir allen unseren fast 300 angesehenen deutschen und slowenischen Mitgliedern unsere Expertise an. Gemeinsam können und wollen wir Slowenien zum erfolgreichsten Wirtschaftsstandort im Herzen Europas machen!"

Katja Stadler, Direktorin von Deslo - AHK, Poslovne storitve d.o.o., wies darauf hin, dass es sowohl in Slowenien als auch in Deutschland viele Bedenken bezüglich der Abkehr Deutschlands von der Kernenergie gebe, aber es sei wichtig, die Fakten zu nennen: "Wir müssen verstehen, dass Deutschland nur 6 % Kernenergie hat, während 44 % seiner Energie aus erneuerbaren Energiequellen (EE) stammt. Gleichzeitig ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Energiepreise in Deutschland nicht gestiegen, sondern sogar gesunken sind." Laut Katja Stadler hat Deutschland einen präzisen und starken Plan, um bis 2030 80 % seiner Energie aus erneuerbaren Energien zu erzeugen, mit Änderungen in der Gesetzgebung, vereinfachten bürokratischen Verfahren für neue EE-Investitionen und Subventionen. Die Tendenz besteht darin, dass die verarbeitende Industrie autark ist. In Deutschland ist es durchaus üblich, dass bestimmte Unternehmen sogar eigene Solar- oder Windparks kaufen.

Dr. Babett Stapel, Vorstandsmitglied der Deutsch-Slowenischen Handelskammer und CEO von Fraport Slovenia d.o.o., betonte das starke Engagement des Unternehmens für weitere Investitionen im Land: "Seit 2014 hat unser Unternehmen 67 Millionen Euro in Slowenien investiert und wir planen, bis 2030 130 Millionen Euro zu investieren. Der Investitionsschwerpunkt liegt dabei auf Dekarbonisierung, Elektrifizierung und Infrastruktur." Als Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Slowenien nennt Dr. Stapel die hohen Arbeits- und Energiekosten.

Uroš Rutar, stellvertretender Geschäftsführer von MAHLE Electric Drives, sagte, dass Mahle seit 2014 in Slowenien vertreten ist und 2.500 Mitarbeiter beschäftigt. "Weltweit beschäftigt unser Unternehmen 360 Ingenieure, unsere jährlichen Investitionen in Ausrüstung liegen zwischen 20 und 25 Millionen Euro, und wir werden die Elektrifizierungswende durch unsere Investitionen in Forschung und Entwicklung weiterhin stark unterstützen. Tatsache ist, dass bis 2030 die Hälfte unserer Fahrzeuge ganz oder halb elektrisch sein wird, und bis 2050 wird der Anteil 70 % betragen. Diese Fakten verändern die Geschäftsmodelle und wir müssen uns darauf einstellen."

 

ÜBER DIE UMFRAGE:

Die Deutsch-Slowenische Industrie- und Handelskammer führt eine Umfrage zur wirtschaftlichen Lage und zum Investitionsklima durch, die seit 2006 zeitgleich in 15 weiteren MOE-Ländern durchgeführt wird und so einen direkten Vergleich der Situation in den einzelnen Ländern ermöglicht. An der aktuellen Umfrage, die zwischen dem 13. Februar und 17. März 2023 durchgeführt wurde, beteiligten sich deutsche und ausländische Unternehmen mit Sitz in Slowenien.

 

Die wichtigsten Schlussfolgerungen 2023

 1. Die wirtschaftliche Situation ist aktuell gut, die Erwartungen aber verhalten.

 2. Das Interesse am Wirtschaftsstandort Slowenien ist noch immer hoch, aber mit abnehmender Tendenz.

3. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung sind konstant hoch und steigend.

4. Slowenien fällt im regionalen Vergleich der MOE-Staaten leicht hinter die Werte des Vorjahrs zurück.

5. Die größten Herausforderungen betreffen die Steuerlast, hohe und steigende Arbeits- und Energiekosten, und den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften.

 

Auswirkungen der Ukraine-Krise und der Anspannung der Energiemärkte

Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland wirkt sich negativ auf die globale Wirtschaftstätigkeit aus, erhöht weltweit den Inflationsdruck und behindert die Erholung von der Pandemie. Die vom Westen verhängten Sanktionen und die Blockade der Energielieferungen durch Russland machen das wirtschaftliche Umfeld höchst unberechenbar.

Das Jahr 2022 ist sowohl in Slowenien als auch in anderen europäischen Ländern durch einen erheblichen Anstieg der Lebensmittel- und Energiepreise gekennzeichnet. In Slowenien handelt es sich um den höchsten Anstieg in fast allen Bereichen des Endverbrauchs in den letzten 20 Jahren. Die Einzelhandelspreise stiegen zwischen Januar und November um 10 %, und die jährliche Inflationsrate blieb im November gleich.  Im Schatten dieser Faktoren erwarten die Befragten höhere Energie- und Rohstoffpreise (90 %), Störungen in den Versorgungsketten (51,5 %) und Engpässe bei Rohstoffen und Versorgungsgütern (40 %). All diese Hindernisse könnten zu einem weiteren Rückgang des Vertrauens in die wirtschaftliche Entwicklung führen.

Die Energiekrise hat auch deutlich gemacht, dass eine langfristige Strategie für die Energiewende und eine Beschleunigung der grüne Wende notwendig sind. Nur 6 % der Befragten sind mit der slowenischen Energiestrategie sehr zufrieden, während 94 % weniger zufrieden und unzufrieden sind. Die Unternehmen sind daher aktiv daran beteiligt, das Problem durch eigene Initiativen anzugehen, wobei zwei Drittel von ihnen Maßnahmen zur Energieautarkie planen.

 

Der komplette Report im PDF-Format