„In Europa wäre die Lage viel besser, wären die Länder weniger gespalten. Gemeinsam könnten wir über die Energiekrise und die Strategie entscheiden.“
Interview mit dem Energieexperten Dr. Sebastian Bolay, DIHK
Im Rahmen des AHK-Energieforums führte Peter Frankl, Geschäftsführer und Verleger der Zeitung Finance, ein Interview mit dem Energieexperten aus Deutschland, Dr. Sebastian Bolay, Bereichsleiter Energie, Umwelt, Industrie des Deutsche Industrie- und Handelskammertags, kurz DIHK.
Im Mittelpunkt stand die deutsche Gaspreisbremse, die im Januar nächsten Jahres in Kraft treten wird. Der DIHK ist mit den Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung für die Wirtschaft zufrieden. Allerdings dürfe man nicht die Tatsache ignorieren, dass die Energiekrise einen Rückschritt für die Energiewende und die Zukunft der grünen Energie bedeute. Auch sei die Energiekrise nicht nur ein Problem für Deutschland, sondern für ganz Europa. Eine Lösung könne nur gemeinsam gefunden werden.
Auch gab Dr. Sebastian Bolay zu bedenken, dass das Problem der Energieversorgung nicht auf den aktuellen Winter beschränkt sei. „Wenn es im Laufe des nächsten Jahres nicht gelingt, die Gasreserven wieder aufzufüllen, könnte es im kommenden Winter zu einem noch größeren Defizit kommen.“, so Dr. Bolay. Nach seiner Aussage sei die gesamte Industrie in Deutschland betroffen: „Im Frühjahr dachten die Experten, dass nur die Schwerindustrie belastet werden würde, aber jetzt ist klar, dass die gesamte Industrie darunter leidet. In diesem Jahr begann Deutschland damit, billiges Flüssiggas aus Russland durch wesentlich teureres Gas aus anderen Teilen der Welt zu ersetzen.“
Dieser Umstieg habe auch erhebliche Auswirkungen auf die Strompreise. „Wenn die Gaspreise weiterhin hoch bleiben, werden auch die Strompreise unverändert teuer bleiben, was ein Problem für die Schwerindustrie darstellt. Diese neigt bereits jetzt dazu, ihre Produktion ins Ausland zu verlagern, zum Beispiel in die USA oder nach Frankreich.“ Eine zunehmende Produktionsverlagerung ins Ausland sei für Deutschland nicht unproblematisch, da es die Gefahr der De-Industrialisierung erhöhe.
„In Europa wäre die Lage viel besser, wären die Länder weniger gespalten. Gemeinsam könnten wir über die Energiekrise und die Strategie entscheiden“, fügt Dr. Bolay hinzu.
Auf eine Frage aus dem Publikum nach den Maßnahmen in Deutschland erklärte Dr. Bolay: „Zu den kurzfristigen Lösungen im nächsten Jahr gehören die neuen LNG-Terminals in Deutschland, die in den nächsten Tagen in Betrieb genommen werden. Langfristig gesehen könnte es sinnvoll sein, Energie auf verschiedene Weisen zu speichern und die Selbstversorgung im Falle ähnlicher Krisen wie dem russischen Krieg gegen die Ukraine zu erhöhen.“
Die aktuelle Krise habe die Themen Nachhaltigkeit und Klimaneutralität in den Hintergrund gedrängt, was aber keineswegs bedeute, dass sie für die Zukunft unwichtig seien. Künftig sei mit steigenden CO2-Preisen zu rechnen, ebenso wie mit einer Rückbesinnung auf das Thema Nachhaltigkeit und Klimaneutralität.
Diskussionsrunde: Energieanbieter und -nachfrager: Konflikt oder Kooperation?
Das erste Panel moderierte Alenka Lena Klopčič, Consultant für Klima- und Energiepolitik. Sie führte das Gespräch mit Uroš Podobnik, HSE, Mag. Jože Bajuk, Petrol, Dr. Thomas Sichla, E.On Energy Solutions, Matevž Fazarinc, Steklarna Hrastnik, Simon Franko, BASF, und Tanja Rupnik, RIKO.
Das Panel war der Meinung, dass die aktuelle Krise nicht nur Energie betrifft, sondern auch die Rohstoffversorgung, wie die Lieferung von Elektromaterial für die Herstellung wichtiger Industriekomponenten. Grundsätzlich bewege man sich in Richtung grüner Energie, der Markt sei aber noch nicht bereit für umweltfreundliche (grüne) Produkte, die zudem noch teurer seien als die herkömmlichen. Die steigenden Energiepreise belasteten alle Unternehmen, viele von ihnen müssten für das nächste Jahr noch einen Plan für die Energieversorgung erstellen.
Die eingeschränkten Gaslieferungen aus Russland zwinge Europa geradezu in eine Energiewende mit Wind, Sonne und Wasserstoff, war sich das Panel einig. Die Frage sei nur, wie schnell der Übergang vollzogen werden könne und ob der Energiesektor darauf vorbereitet sei. Die Technologie folge dieser Entwicklung rasch. Zugleich benötige man einen widerstandsfähigeren Markt mit zukunftsorientierten Konzepten. Darüber hinaus sei es notwendig, auch Rohstoffe zu verwenden, die heute noch als Nebenprodukte angesehen werden, obwohl sie sehr gute Energiequellen seien wie z. B. Abwässer und Schlamm.
Diskussionsrunde: Energieeffizienz im Fokus des nachhaltigen Wandels
An der zweiten Diskussionsrunde, geleitet von Ana Struna Bregar, CER, nahmen Kristina Bogataj Habjan, Solvera Lynx, Barbara Hafner, Knauf Insulation, Nataša Teraž, Lumar,, Franci Plibersšček, MIK Celje und Dejan Brozovič, Kolektor, teil.
Hauptthemen waren Energieeffizienz im Allgemeinen und Energieeffizienzmaßnahmen für Raum- und Wohnungsheizungen im Speziellen. Die temperaturabhängigen Wärmeverluste durch die Gebäudewände stellen ein großes Problem dar. Ein Austausch von Türen und Fenstern sei hier nicht ausreichend. Jedes Unternehmen könne Energieänderungen nur dann planen, wenn es anhand der eigenen Daten feststelle, wo die größten Energieverluste auftreten. Bei der Gestaltung neuer Projekte sollten die besten Energiesparpraktiken berücksichtigt werden.
Interview: Welche Strategie verfolgt Slowenien zur Sicherung der Energieversorgung? Spielt Wasserstoff dabei eine maßgebliche Rolle?
In dem von der Journalistin Alenka Lena Klopčič geführten Interview waren Mag. Hinko Šolinc, der Generaldirektor der Energiedirektion im Ministerium für Infrastruktur der Republik Slowenien und Uroš Vajgl, Staatssekretär des Ministeriums für Umwelt und Raumordnung der Republik Slowenien beteiligt.
Vajgl zufolge braucht das Ministerium eine umsetzbare Regierungsstrategie, denn es sei wichtig, sich bewusst zu machen, dass Lieferketten jederzeit zusammenbrechen können und die Rohstoff- und Energieversorgung nicht ausreichend gewährleistet ist. Auch die Unternehmen müssen sich auf ähnliche Szenarien vorbereiten und sich genügend Ressourcen für den Betrieb sichern.
Šolinc sagte, dass das Ministerium den bereits vor drei Jahren verabschiedeten Nationalen Energieplan derzeit aktualisiere. Es wurde eine Strategie für den Ausstieg aus der Kohle bis 2033 verabschiedet. Auch Wasserstoff werde, hauptsächlich in Kombination mit Erdgas und nicht als alleinige Energiequelle in Slowenien, in der Strategie erwähnt. Obwohl es in Slowenien keine entsprechende Wasserstoffstrategie gibt, bemühe sich das Ministerium um die Gewährung von Subventionen für Industrieunternehmen zur Wasserstofferzeugung für den Einsatz in ihren eigenen Anlagen.