GTAI – Die Regierung will das Land bei Investoren als attraktiven Standort für Produktion und Entwicklung etablieren. Gute Infrastruktur und Lage sind Stärken.
Günstige Wachstumsperspektiven nach der Coronapandemie
Die Coronapandemie hat den mehrjährigen Aufwärtstrend der slowenischen Wirtschaft 2020 zunächst beendet. In den Jahren 2015 bis 2019 belief sich das reale Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf durchschnittlich rund 3,9 Prozent pro Jahr. Als Folge der Pandemie hat Slowenien 2020 einen massiven Rückgang der Wirtschaftsleistung von 6,2 Prozent zu verkraften. Für 2021 sind die Prognosen aber wieder günstig. Sollte das Land die Pandemie in den Griff bekommen, dann wird die Wirtschaft 2021 um 4,7 Prozent und 2022 sogar 5,2 Prozent zulegen.
Dazu werden auch die Ausfuhren beitragen. Die slowenische Wirtschaft ist stark exportorientiert. Einen großen Beitrag zur Exportstärke leisten ausländische Unternehmen, die sich im Land entweder ansiedeln oder an Kooperationen mit slowenischen Firmen beteiligen. Sie tragen zur Modernisierung der slowenischen Industrie bei und sorgen für den nötigen Technologietransfer.
Slowenien gehört seit vielen Jahren zu den attraktivsten Zielen für ausländische Investitionen in Mittelosteuropa. Geschätzt wird das Land wegen der zentralen geografische Lage, der allgemeinen Sicherheit, der qualifizierten und motivierten Arbeitskräfte, aber auch wegen der Verfügbarkeit und der Qualität lokaler Zulieferer, so die Ergebnisse einer Umfrage unter österreichischen Unternehmen von Anfang 2021. Beklagt werden auf der anderen Seite aber langwierige bürokratische Verfahren und administrative Hürden.
Industrie und Finanzsektor von Investoren bevorzugt
Slowenien ist es gelungen, nach der Staatsgründung Anfang der 1990er Jahre und während der dann folgenden wirtschaftlichen Transformation beträchtliche ausländische Investitionen anzulocken. Nach Angaben des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) hatte sich deren Bestand 2012 auf 9,2 Milliarden Euro belaufen. Drei Jahre später waren es 11,6 Milliarden und 2019 rund 16 Milliarden Euro.
Im Zeitraum 2015 bis 2019 flossen mehr als 1 Milliarde Euro pro Jahr (mit Ausnahme 2017) an ausländischen Direktinvestitionen ins Land. Selbst im Coronakrisenjahr 2020 ebbte der Zufluss nach Slowenien – anders als bei anderen Ländern der Region – kaum ab.
Das mit Abstand wichtigste Herkunftsland ausländischer Direktinvestitionen in Slowenien ist Österreich (Anteil 2019: 24,7 Prozent), gefolgt von Luxemburg (13) und der Schweiz (11,4). Es folgen wichtige Wirtschafts- und Handelspartner des Landes wie Deutschland (8,5), Italien (7,9) und die Niederlande (7,8). In jüngster Zeit sind auch Aktivitäten von Investoren aus der VR China festzustellen (Beispiel: Übernahme des Haushaltsgeräteherstellers Gorenje durch Hisense).
Der attraktivste Sektor für ausländische Investitionen ist das verarbeitende Gewerbe mit einem Anteil 2019 von 34,7 Prozent, gefolgt vom Finanzsektor mit 21,6 Prozent und dem Handelssektor mit 17 Prozent. Im verarbeitenden Gewerbe flossen die meisten ausländischen Investitionen in die Pharmaindustrie (15,2 Prozent; Beispiel: Lek/Novartis), die Kautschuk- und Kunststoffsparte (15,3; Goodyear Dunlop Sava Tires), die Nahrungsmittelindustrie (12,5; Atlantic Group/ Droga Kolinska, Perutnina Ptuj/MHP-Holding) sowie die elektrotechnische (12,9; BSH Hišni Aparati/Bosch; Gorenje/Hisense) und die Fahrzeugindustrie (10,0; Revoz/Renault).
Slowenien interessant für Automobilzulieferer
In jüngster Zeit engagierten sich ausländische Unternehmen in der Automobilzulieferbranche. Dazu gehört der Bau eines Lackierwerkes bei Maribor und geplante weitergehende Investitionen des österreichisch-kanadischen Konzerns Magna in Slowenien. In der Zulieferersparte sind einige deutsche Unternehmen (Hella Saturnus, Mahle und andere) sowie Unternehmen aus anderen EU-Ländern tätig oder es werden Kooperationen mit slowenischen Zulieferern (Beispiele: Hidria mit Audi und Porsche; Impol mit BMW) aufgebaut.
Die Regierung will ausländischen Investoren auch in Zukunft den Weg ins Land ebnen. Gewünscht werden dabei Investitionen mit einer höheren Wertschöpfung sowie einer hohen technologischen und innovativen Komponente. Sie sollten zur gleichmäßigen regionalen Entwicklung und zur stärkeren Nachhaltigkeit der Wirtschaft beitragen.
Im Zuge der Coronapandemie hat die Regierung Ende Mai 2020 ein Screening und eine Anzeigepflicht für ausländische Investitionen mit Geltung bis Juni 2023 eingeführt, die sich unter anderem auf Übernahmen slowenischer Unternehmen, Greenfieldvorhaben und den Immobiliensektor beziehen.
Starker Wettbewerb in der Region
Slowenien als Investitionsstandort kann in der Region zwar immer noch mit guten Bedingungen und großer Stabilität gegen Konkurrenten punkten. Doch der Wettbewerb wird immer stärker, andere Länder machen Fortschritte und bieten sich als alternative und zum Teil billigere Standorte an. Dazu zählen zum Beispiel die neuen Mitglieder der Europäischen Union (EU) wie Rumänien oder Bulgarien, aber auch EU-Beitrittskandidaten wie Serbien.
Den gesamten Artikel mit Kennzahlen und Analysen von Waldemar Lichter finden Sie hier auf der Webseite der GTAI.