Wirtschaftsnews

Deutsche Wirtschaft besorgt über die unsicheren Auswirkungen des Brexit

26.02.2019

Die jüngste Sonderauswertung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hat gezeigt, dass die deutschen Unternehmen die Wirtschaftsentwicklungen und ihre Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich genau beobachten. In einer Sonderauswertung unter 1.500 deutschen Unternehmen, die im Vereinigten Königreich tätig sind, waren die Unternehmen vor allem besorgt, dass sich ihr Geschäft mit dem Vereinigten Königreich in diesem Jahr verschlechtern wird. Höhere Kosten für Zölle und Einfuhrsteuern sowie die rechtliche Unsicherheit bilden die größten Risikofaktoren.

Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ist noch unbekannt. Dennoch belastet der bevorstehende Brexit bereits die deutschen Unternehmen, die mit Vorsicht in die Zukunft blicken. In einer Umfrage des DIHKs schätzen deutsche Unternehmen, dass sich ihr Geschäft in dem Vereinigten Königreich im Vergleich zu 2018 bereits erheblich verschlechtert hat. Nur jedes fünfte deutsche Unternehmen berichtet über gute Geschäfte in dem Vereinigten Königreich. Im Jahr 2019 rechnen 70 Prozent der Unternehmen mit einer Verschlechterung der Geschäfte in dem Vereinigten Königreich.

Pessimismus bei Geschäftslage und Geschäftsperspektiven

Deutsche Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Situation als wesentlich schlechter als im Jahr 2018. Mit den aktuellen Geschäften in dem Vereinigten Königreich sind 38 Prozent (25 Prozent im Jahr 2018) der befragten Unternehmen nicht zufrieden. Die Erwartungen der Betriebe für die kommenden zwölf Monate sind dramatisch zurückgegangen. Eine Verschlechterung ihrer Geschäfte mit dem Vereinigten Königreich erwarten nun 71 Prozent. 2018 waren es noch 36 Prozent. Betrachtet man die einzelnen Branchen, so schätzen Metallindustrie, Fahrzeugindustrie und Zulieferer sowie Handel ihre Geschäftsperspektive am schlechtesten ein.

Zollbürokratie als größtes Geschäftsrisiko

Im Rahmen der Untersuchung mussten Unternehmen die Risiken einschätzen, die ihrer Meinung nach ihre Geschäfte im Vereinigten Königreich nach dem Brexit beeinflussen werden. 78 % der Unternehmen gaben die Zollbürokratie als das größte Geschäftsrisiko an. Zollverfahren oder technische Zulassungen sind oft ein großes Hindernis für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit und Logistik. Die Unternehmen wiesen auch auf höhere Zolle und Einfuhrsteuern (57 % der Unternehmen) und rechtliche Unsicherheiten (45 % der Unternehmen) hin.

Verlagerung von Investitionen geplant

Die Vorbereitungen auf den Brexit sind in deutschen Unternehmen schon im Gange. Da die Unternehmen am meisten über Zoll- und Zollverfahren besorgt sind, bereitet sich rund die Hälfte der Betriebe mit Zollschulungen. Die meisten Unternehmen halten sich jedoch mit kostenintensiven Investitionen in Personal und IT noch zurück. Stattdessen fokussieren sie sich auf Gespräche mit Lieferanten und Kunden. Jedes achte Unternehmen plant bereits Investitionsverlagerungen – ein Großteil davon nach Deutschland und in die restlichen EU-Staaten.

Dabei ist es wichtig zu betonen, dass mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen immer noch nicht wissen, wie sich Brexit auf ihr Geschäft auswirken wird. Nur jedes vierte Unternehmen soll gut auf mögliche Folgen des britischen Austritts vorbereitet sein. Mehr als die Hälfte der Betriebe kann die Folgen auch nach tieferer Prüfung des Themas noch nicht abschätzen. Nicht von den Folgen des Brexits betroffen zu sein, geben lediglich neun Prozent der Betriebe an.

Die Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Slowenischen Industrie- und Handelskammer Gertrud Rantzen hat die Ergebnisse der Umfrage mit folgenden Worten kommentiert: „Das Vereinigte Königreich ist der 5. Größte Handelspartner für Deutschland weshalb der Brexit schon für sich eine hohe Belastung für die deutschen Unternehmen ist. Die Stimmung unter den Unternehmen mit Großbritanniengeschäft ist dementsprechend deutlich negativer als noch im vergangenen Jahr. Der unsicherer Ausgang – einen Monat vor dem Brexit – macht es für die Unternehmen unmöglich, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Gerade die KMUs leiden insbesondere unter diesen Umständen. Eine Vorbereitung scheint unmöglich. Die Zurückhaltung bei Investitionen und Neueinstellungen ist deshalb der einzig konsequenter Weg die Folgen eines harten Brexits abzufedern. Aus Sicht der deutsch-britischen Wirtschaftsbeziehungen werden slowenische Unternehmen nur indirekt betroffen sein. Leichte Auswirkungen werden sich in der Automobilindustrie zeigen, die jedoch durch Investitionen in die Digitalisierung und der Prozessoptimierung abgefedert werden können.“